Für den Frieden in der Welt, stoppt den Krieg zu Hause!

Für den Frieden in der Welt, stoppt den Krieg zu Hause!

Ein Vortrag, der vor 1200 Deligierten beim United Nations Millennium Friedensgipfel religiöser und spiritueller Führer am 30. August 2000 in New York von Satguru Sivaya Subramuniyaswami, Kauai, Hawaii, USA gehalten wurde. Fünf Tage zuvor, am 25. August, hatte Gurudeva im Dag Hammerskjöld Auditorium den prestigeträchtigen U. Thant Friedenspreis erhalten.

«Als ich von den Verantwortlichen der UN gefragt wurde, wie die Menschheit besser ihre Konflikte, Feindseligkeiten und Gewalttaten, die jede Nation plagen, lösen kann, antwortete ich, dass wir an der Quelle, also an den Ursachen und nicht nur mit den Symptomen arbeiten müssen. So wird es in der ayurvedischen Medizin – wo es zuallererst um die Wiederherstellung des natürlichen Gleichgewichtes im Körper geht – gehandhabt. In dieser Weise wird nicht nur mit Krankheit und Leiden gearbeitet, stattdessen werden Zeit und Mittel aufgebracht, um ein gesundes System zu förden, das aus sich selbst heraus die Krankheit bekämpft.

Um die Kriege in die Welt zu stoppen, wird die beste langfristige Lösung sein, die Kriege in den Familien zu beenden. Denn hier, in den Familien, beginnen Haß und Feindseligkeiten gegen Jene, die unterschiedlich von uns sind, hier lernen mißhandelte Kinder ihre Probleme mit Gewalt zu lösen. So ist das auch in religiosen Gemeinschaften, keine bildet da eine Ausnahme.

In Asien, in den Vereinigten Staaten und zwischen Hindus in der ganzen Welt findet ein Krieg statt in jedem Haus. Nur in wenigen Ausnahmefamilien werden die Kinder nicht geschlagen. Dies ist ein globales Problem, das in allen Gemeinschaften existiert. Aber, ich glaube, wir Hindus haben die Möglichkeit und Kraft, um das zu ändern, weil unsere Philosophie einen besseren Weg fördert. Wenn wir den Krieg bei uns zu Hause beenden können, wenn uns das gelingt, dann können wir vielleicht ein Beispiel für andere sein und das führt zur Beendigung des Krieges in der Welt. Die Menschen werden dann einen anderen Weg gehen.

Wenn wir aber in unseren Heimen, bei uns zu Hause. unsere Kinder schlagen, dann lehren wir, das Jeder Jedermann schlägt und das Schlagen setzt sich weiter fort auf dieser Linie, bis sie Soldaten oder Mitglieder einer Bande oder Rebellen geworden sind und dann kämpfen sie, um zu töten. So kommen auch religiöse Kriege zustande und so kommt es zur Zerstörung des Planeten. Das Schlagen und das Verletzen begint zu Hause.

Wir sollten alle geloben, Frieden in die Familien zu bringen und den Krieg in den Häusern zu stoppen. Weshalb? Weil unsere Nachbarschaften und Gemeinden, die Nation und die Welt nicht hochkommen werden, bis Harmonie in den Heimen ist. bis die Probleme vor´m Schlafengehen gelöst sind, bis Kinder nicht mißhandelt und nicht in Furcht und Angst und Konditionen gehalten werden, in denen sie jeden Selbstrespekt verlieren.

Die Kinder sind heutzutage erstaunlich intelligent und sie unterscheiden sich von denen vor 20 oder 30 Jahren. Diese aufgeweckten Kinder sehen TV. Und sie sehen da, das Personen, die beliebt sind, von anderen Menschen umarmt, geliebt und geachtet werden, und das sie Nettigkeiten zu hören bekommen. Sie sehen im TV auch, das andere Personen, die nicht beliebt sind, von den Mitmenschen runtergedrückt und gehaßt werden, das ihnen gesagt wird, sie seien dumm, dass ihnen das Gefühl gegeben wird, sie sehen wertlos und nicht gut, sie werden geschlagen, manchmal gar verstümmelt oder getötet. Deshalb wissen Kinder mit der ersten Ohrfeige, die sie erhalten, das sie gehaßt und nicht länger gewollt werden. Aber, wo können sie sich hinwenden? In dem jungen Alter können sie nicht den eigenen Lebensunterhalt verdienen. Sie können auch nicht von zu Hause weglaufen, obwohl einige das dann doch tun und sich Banden anschließen, um dort Zugehörigkeit zu erhalten und um die einzige Liebe und Freundschaft zu erfahren, die sie haben, um ihr Leiden mit andern jungen Leidensgenossen zu teilen, die ebenfalls durch elterliche Mißhandlungen, durch wörtliche und durch körperliche Mißhandlungen, geprägt sind.

Wie traurig, dass in der heutigen Zeit das Schlagen der Kinder in vielen Familien etwas ganz alltägliches ist, sozusagen zum Lebensstil gehört. Wohl fast Jeder wurde als Kind mehr oder weniger geschlagen; diese Kinder schlagen dann auch ihre Kinder und die wiederum schlagen ihre Kinder und die dreschen dann auf ihren Kindern herum. Ältere Brüder schlagen jüngere Brüder. Brüder schlagen Schwestern. Sie können sehen, was Familien in diesem endlosen Kreis der Gewalt verursachen und formen: Kleine Krieger. Eines Tages kommt es wircklich zu einem richtigen Krieg, und dann wird es leicht für einen Mann, der geschlagen worden ist in seiner Kindheitszeit, ein Gewehr zu nehmen und ohne Mitleid und Gewissen Jemand zu töten, ja, selbst noch Freude an diesem Tun zu empfinden.

Hindus haben mir erzählt: “Das Schlagen und Schelten unserer Kinder, um sie gehorsam zu machen, ist nur ein Teil unserer Kultur.” Das kann ich nicht glauben. Hindu-Kultur ist eine Kultur der Freundlichkeit. Hindu-Kultur lehrt Ahimsa, Nichtverletzen, weder körperlich noch geistig, noch gefühlsmäßig. Er predigt gegen Himsa, gegen Verletzen und Beleidigen. Es mag von der Britisch-christlichen Kultur herrühren, die über einen Zeitraum von 150 Jahren das Hindu-Leben in Indien beeinflußt hat. Aber, es ist nicht Hindu-Kultur, wenn das Licht aus den Augen der Kinder geschlagen und wenn das Vertrauen aus ihnen herausgeprügelt wird; oder wenn die Intelligenz in ihnen durch Schläge erstickt wird und sie dabei gezwungen werden, geistlos in einer Routine zu enden, in einem unschöpferischen Job zu verkümmern – vielleicht sogar für den Rest des Lebens – um dann ihren angesammelten Ärger und Frust an ihren Kindern auszulassen... Dies wäre gewiß nicht die Kultur einer intelligenten Zukunft. Das wäre eher eine Kultur, die jede Art von Feindseligkeit und Feindschaft verewigen würde.

In manchen asiatischen Ländern reagiert man Kinder gegenüber, die eine Frage stellen, so, dass ihnen ein Schlag in´s Gesicht versetzt wird. Wie brutal können Menschen sein! Dies sind gemeine, bösartige Menschen. Die arbeitende Mutter schlägt ihre Kinder zu Hause, wenn die zusätzlichen Streß ihrem schon überstressten Nervensystem zufügen. Der Vater hatte einen schwierigen Tag bei der Arbeit und gleicht das auf dem Hinterteil oder Rücken des Sohnes aus, mit der Hand, mit dem Riemen oder mit dem Rohrstock. Geben ihm die Schmerzensschreie seiner jungen Kinder wirklich eine sadistische Freude? Erhebt es sein Selbstwertgefühl, wenn er meint: “Ich bin hier Chef und habe das Sagen, du nicht!”?

Nun, woher kenne ich all diese Ereignisse in den Hinduhaushalten? Hotmail. Immer mehr Kinder benutzen Hotmail. Sie haben ihren eigenen account und Computer und sie schreiben mir: “Gurudeva! Gurudeva! Mein Vater schlägt mich und ich werde in der Schule geschlagen. Wenn ich das Jemanden erzähle, versetzt mir meine Mutter auch noch einen Schlag. Mindestens drei- bis fünfmal in die Woche, eine Kopfnuß, einen Stoß, ein Stockschlag über den Rücken oder über die Beine.”

Nun, ist das der Weg für Morgen? Wir hoffen nicht. Aber dies ist der heutige Weg. Er kann von ihnen allen korrigiert werden, indem man Frieden in jede Familie und in jedes Heim bringt. Und das sollte unabhängig von Glauben und Religion geschehen. Wem bekannt ist, wo ein Kind oder eine Frau geschlagen wird, der ist Teil des Verbrechens, bis er etwas tut um die Frau oder das Kind zu schützen. Vergleichbar ist das mit einer Fahrt, die Sie mit einem Freund im Auto unternehmen, und er sagt: “Halte an dieser Tankstelle bitte an, ich möchte da etwas einkaufen.” Sie halten an und er geht in den Laden, der zur Tankstelle gehört. Er zieht dort eine Pistole, raubt die Ladenkasse aus und rennt zurück zu Ihnen in´s Auto. Nun sind sie Teilnehmer an dem Geschehen, ob Sie es wissen und wollen oder nicht. Sie werden zum Helfershelfer, zum Komplizen, und ganz plötzlich zum Kriminellen, wenn Sie nicht sofort etwas dagegen tun. Da heißt es Verantwortung zu übernehmen.

Ebenso ist es, wenn bekannt wird, dass soviel Kindesmißbrauch hinter der Mauer des Schweigens geschieht. Was können wir da tun? Wir können einen unserer Anwälte oder eine unserer Missionarsfamilien anrufen und sagen: “Rufen Sie bitte die Polizei an, die sollen diese bestimmte Familie sehr gut beobachten um das Kind zu schützen.” Wir hatten einen Fall, da wurde das Kind in ein Pflegeheim gebracht und der Vater kam in´s Gefängnis. Er war mit der Disziplin ein bißchen zu weit gegangen. Das Kind hatte, über den Körper verstreut, Brandmale und Narben von früheren Schlägen. Woher wir das wissen? Photos waren von Jemanden, der den Vorfall nicht ignoriert hatte, aufgenommen und uns zugesandt worden. In Canada erzählen Lehrer den Schülern aus asiatischen Familien in der Schule: “Wenn Eure Eltern Euch schlagen, dann ruft diese Nummer.” Sie ist 911. Die Polizei kommt dann in´s Haus. Canadier wollen so den Krieg zu Hause stoppen.

In den vergangenen 85 Jahren hatten wir zwei Weltkriege und hunderte von kleinen Kriegen. Killer kommen aus den Reihen derjenigen, die früher selber geschlagen wurden. Das Schlagen und das Kneifen, das Verwunden mit dem Rührholz, das Peitschen mit dem Riemen, die Schläge mit dem Rohrstock, all dies manifestiert sich im Leben Anderer durch diejenigen, die diese Mißhandlungen früher erfahren haben. Aber, da ist ein Preis zu zahlen. Der Mißbraucher wird eines Tages zum Mißbrauchten. Das ist ein Lebensgesetz, das man jeden Tag in Manifestation sehen kann. Es wird Karma genannt. Aktion erzeugt eine gleiche oder noch stärkere Reaktion, die abhängig ist von den Intentionen und Emotionen, die dahinter stehen. Körperliche Bestrafung ist unzweifelhaft ein Vorspiel zu Rotten- und Bandenbildungen auf der Straße; solche, die Tumulte, Krawalle und Aufruhr auf Bestellung machen. Andere wiederum, die als Kinder mißhandelt wurden leiden in Stille, “verstecken” sich hinter einem Pult oder in einem Routine – Beruf; sie befürchten Tadel, Zurechtweisung und Strafe, verantworten sich nicht und drücken auch niemals eine eigene Meinung aus.

Wir kennen einige wenige Familien, die niemals ihre Kinder geschlagen oder sie in einem Körperlichen Weg diszipliniert haben. Wir fragen sie: “Warum?” Sie antworten: “Weil wir unsere Kinder lieben. Wie lieben sie.” Wir wollen wissen; wie sie ihre Kinder trainieren und disziplinieren. “Nun, wir lassen sie in den geheiligten Altarraum gehen und dort zehn Minuten lang sitzen und darüber nachdenken, was sie verkehrt gemacht haben. Wenn sie dann aus dem Raum zurückkehren, sprechen wir zu ihnen. Wir kommunizieren, anstatt sie sich schlecht fühlen zu lassen, ermutigen wir sie, es besser zu machen” Dann fragen wir die Eltern: “Und wie ist es mit Fernsehen, sehen Ihre Kinder nicht viel fern?” “Nein”, - antworten sie, “Wir können nicht viel mit unseren Kindern fernsehen. Möglichst viel persönliche Zeit mit denen zu verbringen, das ist der Weg in unserer Familie”.

Der Zusammenhalt der Familie kann in ein Wort gefaßt werden: Liebe. Liebe heißt verstehen. Liebe ist Annahme. Liebe ist Jemanden ein gutes Gefühl über seine Erlebnisse und Erfahrungen zu geben, ganz gleich, ob die gut oder schlecht gewesen sind. Liebe gibt Sicherheit, dass da keine Notwendigkeiten bestehen, um, egal was auch passiert ist, Geheimnisse voreinander zu haben. Liebe ist, mit den Familienangehörigen zu sein.

Wenn Harmonie im Familienleben besteht, dann strahlt die auch im Wohnort, am Arbeitsplatz und im Land aus. Wenn Liebe und Vertrauen in der Familie ist, dann strahlt sie auch in die Lokale Gemeinschaft aus. Und wenn in genug Haushalten Harmonie herrscht, dann wird das gesamte Land stärker und sicherer.

Gez. Sivaya Subramuniyaswami